Vortrag Wieland und Rousseau
Wieland begegnet Rousseau im Wieland-Park
Auf Einladung der Wieland-Gesellschaft e.V. hat Dr. Bertold Heizmann, Vorsitzender der Goethe-Gesellschaft Essen, einen Vortrag zum Thema Wieland und Rousseau im Museum Biberach gehalten. Der Dichter Wieland (1733-1813) und der Philosoph Rousseau (1712-1778), obgleich Zeitgenossen, haben sich nie persönlich getroffen. Wieland besaß jedoch in seiner Bibliothek zwölf Werke Rousseaus, mit dessen politischer Philosophie er sich kritisch auseinandergesetzt hat.
Dr. Heizmann begann seinen Vortrag mit dem Bild der Rousseau-Insel in Biberach, nachempfunden der ehemaligen Grabstätte von Rousseau im Park von Ermenonville bei Paris.
Die Frage von Hans Dieter Schaal, dem Gartenarchitekten des Wieland-Parks, welche Gespräche und Diskussionen zwischen Wieland und Rousseau möglicherweise hätten stattfinden können, beantwortete Dr. Heizmann mit Gedanken Wielands zu Rousseaus „Diskursen“ aus den Jahren 1750 und 1759.
Rousseau sieht die Vernunft des Menschen nicht als Grundlage seiner Ethik; für ihn ist der „edle Wilde“, der von Natur aus gut ist, das Ziel allen menschlichen Bemühens. Und das ist gemeint mit der Redewendung „Zurück zur Natur“. Wieland dagegen ist als Aufklärer davon überzeugt, dass die Lern-, Vernunft- und Gesellschaftsfähigkeit die Voraussetzungen und Garanten einer (positiven) Fortschrittsgeschichte der Menschen sind.
Zur Erläuterung dieses grundsätzlichen Gedankens wählte Dr. Heizmann die mexikanische Geschichte von Christoph Martin Wieland mit dem Titel „Koxkox und Kikequetzel“ (1770). Es ist die Geschichte zweier junger Menschen, die glauben, als einzige eine Naturkatastrophe überlebt zu haben. Sie finden zueinander, verlieben sich, bekommen Kinder. Diese Idylle wird jedoch ge- und später zerstört, als Kikequetzel einem weiteren Überlebenden begegnet. Der Versuch, in einer Gemeinschaft zu Dritt, einer Gesellschaft, friedlich und glücklich zu leben, scheitert an den bekannten menschlichen Schwächen wie Eifersucht oder Machtstreben. Das könnte, so Dr. Heizmann, Wielands Abschied vom Gedanken des immerwährenden Fortschritts des Menschen sein.
In der sich anschließenden Diskussionsrunde schlug das Publikum interessanterweise den Bogen von Wieland und Rousseau und ihren Gedanken zum Thema Natur zur heutigen Gesellschaft und ihrem Bemühen um Umwelt- und Naturschutz.
Foto: Dr.B.Heizmann, Barbara Leuchten © U.Schwarz-Heizmann